Montag, 23 Juni 2025 16:57

Württemberg holt Meistertitel

Frauen-Mannschaftsmeisterschaft Frauen-Mannschaftsmeisterschaft pixabay/Foto illustrativ

Ein seltenes Finale mit historischem Ausgang: Bei der Deutschen Frauen-Mannschaftsmeisterschaft (DFMM-LV) 2025 des Deutschen Schachbundes in Braunfels sicherte sich das Team aus Württemberg am Sonntag überraschend den Titel. Nach einem Fehlstart in Runde eins gegen Bayern und drei punktgleichen Mannschaften mit je 8 Mannschaftspunkten entschied am Ende die Buchholzwertung zugunsten von Württemberg. Nordrhein-Westfalen, bis dahin ungeschlagen, verlor das entscheidende Duell um den Turniersieg mit 3:5 und rutschte auf Platz drei. Bayern belegte dank besserer Feinwertung Rang zwei.

Württemberg dreht nach Fehlstart auf

Das Team aus Württemberg startete mit einer Niederlage gegen Bayern in Unterzahl, konnte aber alle weiteren Runden für sich entscheiden. Vor der letzten Runde wusste die Mannschaft bereits, dass sie in der Buchholzwertung einen Punkt Vorsprung hatte. „Deshalb war klar: Wir müssen auf Sieg spielen“, erklärte Mannschaftsführerin Angelika Valkova. Und das tat das Team mit Nachdruck.

Entscheidend waren drei Partien an den Spitzenbrettern, die allesamt von Württemberg gewonnen wurden. Diese Punkte gaben letztlich den Ausschlag im Turnierfinale. Auch der frühe Führungspunkt durch WCM Lilian Schirmbeck für Nordrhein-Westfalen änderte daran nichts. Damit verteidigte Württemberg erfolgreich seine Tabellenposition – und wurde nach sechs Jahren wieder Deutscher Meister.

Nordrhein-Westfalen verliert nervenaufreibendes Duell

Nordrhein-Westfalen ging als ungeschlagener Tabellenführer in die Schlussrunde und hatte den Titel in Reichweite. Doch im direkten Vergleich mit Württemberg fehlte dem Team die letzte Konsequenz. Die 3:5-Niederlage sorgte für Ernüchterung – trotz herausragender Einzelleistungen. WFM Helena Neumann (Jahrgang 2008) und Lilian Schirmbeck (Jahrgang 2013) holten jeweils fünf Punkte – eine starke Bilanz.

Teamchefin Carmen Voicu-Jagodzinsky, gleichzeitig Landestrainerin und erfahrene Spitzenspielerin, war mit der Gesamtleistung ihres Teams dennoch zufrieden. Sie sammelte selbst vier Punkte. Zwar reichte es am Ende nicht zum Titel, doch die Teamleistung war bemerkenswert. Besonders hervorzuheben ist der hohe Anteil an Jugendlichen: Vier der acht Spielerinnen sind noch im Nachwuchsbereich spielberechtigt.

Bayern bleibt stabil und holt Silber

Bayern sicherte sich mit starker Jugendpower den zweiten Platz. Mit Spielerinnen wie Elisabeth Reich (16 Jahre), Valentina Neumeier (15) und Laura Sophie Bauer (14) zeigte sich die Zukunft des Frauenschachs eindrucksvoll. WFM Marharyta Khrapko erzielte viereinhalb Punkte und trug maßgeblich zur Platzierung bei.

Teamchefin Aylin Albayrak lobte den Einsatz ihres Teams: „Die haben das wirklich prima gemacht.“ Auch wenn es am Ende nicht für den Titel reichte, war die Leistung beachtlich. Die Mannschaft knüpfte damit an eine Entwicklung an, die 2017 begann, als Bayern II mit einem reinen Jugendteam überraschend Silber gewann. Dieser Mut zur Jugend trägt nun erneut Früchte.

Jugend dominiert das Turnier in Braunfels

Die Deutsche Frauen-Mannschaftsmeisterschaft zeigte 2025 einen klaren Trend: Der Jugendstil setzt sich durch. In Braunfels traten 14 echte Landesverbands-Teams an – ohne zweite Mannschaften großer Verbände. „Das hat den sportlichen Stellenwert erhöht“, sagte Turnierdirektor Andreas Jagodzinsky.

Auch Thüringen, lange ohne konkurrenzfähiges Team, kehrte dank junger Spielerinnen zurück. Diana Skibbe, Präsidentin des Thüringer Schachbundes, berichtete von einer gelungenen Rückkehr nach schwierigen Jahren. Der Zulauf junger Talente ist inzwischen sichtbar und prägt das Gesamtbild der DFMM-LV deutlich.

Braunfels als Schach-Metropole etabliert

Der Austragungsort Braunfels bewies erneut seine Stärke in Organisation und Atmosphäre. Turnierdirektor Sebastian Swoboda feierte am Abschlusstag seinen 44. Geburtstag – und war trotzdem im Dauereinsatz. Mit einem 16-köpfigen Helferteam der Schachfreunde Braunfels sorgte er für einen reibungslosen Ablauf. Die Hälfte der Helfer arbeitete durchgängig.

Für viele ist Braunfels inzwischen das Herzstück des Frauenschachs. „Hier steht das reine Frauenschach im Fokus“, betonte Jagodzinsky. Die Veranstaltung – oft als „DFB-Pokal des Frauenschachs“ bezeichnet – findet jährlich zu Fronleichnam statt und zieht zahlreiche Stammgäste an. Viele Spielerinnen buchten direkt ihr Zimmer für 2026.

Organisation mit Herausforderungen

Die hervorragende Turnierstruktur wurde nur durch einen Punkt getrübt: die mangelnde Liveübertragung. Swoboda und Jussupow fordern mehr Zuschüsse vom Deutschen Schachbund, um mehr Bretter digital übertragen zu können. „Die Kosten steigen, aber die Zuschüsse wurden seit den Sparmaßnahmen nicht erhöht“, sagte Swoboda.

Trotzdem wurde das Turnier in vielen Bereichen weiterentwickelt. Die Mischung aus Talentförderung und reibungsloser Organisation zeigte, dass auch große Events ohne übermäßige Kommerzialisierung funktionieren können. Die Meisterschaft lebt – und wächst mit dem Engagement aller Beteiligten.

 Zahlen und Fakten zur Meisterschaft

Folgende Daten zeigen den Umfang des Turniers:

  1. Teilnehmende Teams: 14 Landesverbandsmannschaften

  2. Rundenanzahl: 5

  3. Spitzenreiter vor Runde 5: Nordrhein-Westfalen

  4. Endstand mit 8 Mannschaftspunkten: Württemberg, Bayern, NRW

  5. Entscheidung durch: Buchholzwertung

  6. Höchste Einzelleistungen:

    • Helena Neumann (5 Punkte)

    • Lilian Schirmbeck (5 Punkte)

    • Marharyta Khrapko (4,5 Punkte)

Die drei entscheidenden Siege an den Spitzenbrettern gegen NRW sicherten Württemberg den Titel. Besonders bemerkenswert: Die Altersstruktur der Siegerinnen liegt überwiegend bei Mitte bis Ende Zwanzig – ein Kontrast zu den Jugendteams von Bayern und NRW.

Perspektiven für die kommenden Jahre

Die Tendenz ist klar: Landesverbände setzen verstärkt auf junge Spielerinnen. Der Erfolg der Jugend ist kein Zufall mehr. Bayern, NRW und Thüringen beweisen, dass gezielte Nachwuchsarbeit Erfolge bringt. Auch das Mixed-Modell – erfahrene Führungsspielerinnen gepaart mit jugendlichen Talenten – scheint sich zu bewähren.

Für die kommende Meisterschaft 2026 ist daher mit ähnlichen Konstellationen zu rechnen. Das Interesse ist groß, die Nachfrage nach Startplätzen hoch. Und Braunfels wird voraussichtlich erneut Austragungsort sein – mit neuer Energie, neuem Talent und der Erfahrung eines perfekt organisierten Turniers.

Die Deutsche Frauen-Mannschaftsmeisterschaft hat mit dem Turnier 2025 ein neues Kapitel aufgeschlagen – geprägt von Spannung, Talenten und wachsender Bedeutung.

Quelle: DEUTSCHER SCHACHBUND, www.patizonet.com/de